von Peter Scherrer
Frisch war es beim ersten Treffen der Schweriner „Urban Sketchers” im noch jungen Jahr 2025. Dass das Thermometer in der Schelfkirche im einstelligen Bereich verharrte, tat der Freude am zeichnerischen Gestalten in der sakralen Umgebung aber keinen Abbruch. „Urban Sketchers” (Skizzenzeichner*innen) ist eine weltweite Gemeinschaft von Künstler*innen, die Orte, Dörfer und Städte, in denen sie leben oder zu denen sie reisen, zeichnerisch darstellen.
Unkompliziert werden die Zusammenkünfte organisiert. Die Schweriner Sketchers Annette Hofmann und Hubertus Mertens laden zu den Zeichentreffen mindestens alle zwei Monate ein. Im Sommer zeichnen die Künstler*innen natürlich draußen, und dann geht es monatlich auf Motivsuche. Zu Anfang war es nur eine Handvoll Zeichner*innen, die sich zum kreativen Skizzieren und Abbilden traf. „Unsere fünfzehn bis zwanzig Sketchers kommen aus Schwerin und aus der näheren Umgebung, aber eine sogar aus Stendal, und immer mal wieder kommen Menschen hinzu, die Spaß am Zeichnen vor Ort haben”, freut sich Annette Hofmann über das gewachsene Interesse. Mit Impulsen durch die Hamburger Sketcher-Gruppe hat die Gemeinschaft in der Landeshauptstadt vor acht Jahren angefangen.
Zeichnen am Ort des Geschehens
Die jeweils nächsten Orte und Termine für die Zeichentreffen werden beim obligatorischen „Kaffee und Kuchen” nach dem „Sketchen” besprochen. „Die Mitmach-Schwelle ist bei uns niedrig, denn Vorkenntnisse oder eine formelle Mitgliedschaft sind nicht nötig“, so Hubertus Mertens. Regeln gibt es für das Mitmachen nur wenige. „Urban Sketching“ bedeutet für uns, dass das Bild vor Ort gezeichnet und gemalt, und nicht vom Foto zu Hause abgemalt wird”, beschreibt Annette Hofmann die wichtigste Regel der Gruppe. „In der mecklenburgischen Kunstgeschichte gab es schon bedeutende Künstler wie Carl Malchin, die vor Ort zeichneten”, macht Hubertus Mertens auf hiesige Vorläufer der Reproduktion des Gesehenen am Ort selbst aufmerksam. Malchins Skizzenbücher und fast 400 Handzeichnungen befinden sich im Staatlichen Schweriner Museum. Das gemeinschaftliche Zeichnen und Malen war schon öfter mal für Schweriner Neubürger*innen eine gute Gelegenheit, Menschen kennenzulernen. Es gibt einige Männer bei den Sketchers, die Frauen sind in der Kreativgemeinschaft aber klar in der Überzahl.
Nach über zwei Stunden Skizzieren, Malen und Kolorieren stärkten sich die Mitglieder der Schweriner Gruppe mit Kaffee und Kuchen im nahegelegenen Café. Dann fachsimpeln die Mitglieder der Gruppe über Maltechniken, Pinsel, Stifte, Farben, Papier und über alles, was zum Sketchen dazugehört. Und noch einer wichtigen Regel folgen die Schweriner Sketchers: Sketchers helfen einander mit Rat und Wissen!
Soziale Medien
Ohne Soziale Medien wären die Urban Sketchers wären nicht denkbar. Ein wichtiger Punkt im Manifest der Sketchers ist die Verbreitung ihrer Werke. Das Veröffentlichen der Zeichnungen im Internet ist ein Kernprinzip. Fast alle Mitglieder haben Konten bei Instagram, Facebook, Blogs und anderen Online-Plattformen. Auch die Schweriner Sketchers nutzen digitale Plattformen untereinander, aber auch deutschland- und weltweit. Dort stellen sie ihre Arbeiten vor.
Weltweite Organisation
Urban Sketchers zeichnen Stillleben, Landschaften, Architektur, Stadtbilder, Porträts – alles ist möglich, wenn der Kontext von Ort und Zeit erkennbar wird. Die Bewegung wurde 2007 von Gabriel Campanario, einem spanischen Journalisten und Illustrator, in Seattle ins Leben gerufen. Heute ist die globale Künstlergemeinschaft in über 70 Ländern und 489 Städten präsent. Das Motto der Urban Sketchers lautet „We show the world, one drawing at a time!“ („Wir zeigen die Welt, Zeichnung für Zeichnung!“). Die Bewegung ist inklusiv, und sie heißt professionelle Künstler, begeisterte Amateure und absolute Anfänger willkommen. Das Jahrestreffen 2025 der deutschen Urban Sketchers findet vom 12. bis 14. September in Stuttgart statt.